Thomas Mann und Düsseldorf

Thomas Mann in der Schrobsdorffschen Buchhandlung auf der Königsallee bei seinem Düsseldorf-Besuch am 27. August 1954, Bild: ULB.
Schloss Jägerhof

Thomas Manns Beziehungen zu der Stadt am Rhein sind vielfältiger und zum Teil sehr persönlicher Natur. Seine Schwester Carla hatte in der Spielzeit 1903/4 die Rolle der Luise Millerin in Schillers Drama Kabale und Liebe inne; der ältere Bruder besuchte sie und residierte im Parkhotel, unweit des Hofgartens. Auch Lesungen aus seinem Werk führten Thomas Mann des Öfteren nach Düsseldorf. So las er etwa im August 1954 aus dem Felix Krull. Diesen Düsseldorf-Besuch Thomas Manns nimmt auch Hans Pleschinski zum Anlass, um in seinem Roman Königsallee das fiktive Wiedersehen des gefeierten Schriftstellers mit seiner Jugendliebe, dem Düsseldorfer Klaus Heuser, zu schildern. 

Und diese frühe sehnsüchtige Liebe ist es auch, die Thomas Mann mit der "grünen Gartenstadt" emotional verband: Im Jahre 1927 lernt Thomas Mann bei einem Syltaufenthalt den über 30 Jahre jüngeren Klaus Heuser, Sohn des damaligen Direktors der Düsseldorfer Kunstakademie, kennen und verliebt sich in ihn. Der intensivste Besuch, bei dem Thomas Mann an einige Schauplätze seiner Novelle Die Betrogene reist, fiel in das Jahr 1954. In seinem Tagebuch hält er die Stationen fest: Das Dumont-Archiv, Mittagessen im Malkasten, Schloss Jägerhof und die "große schöne Schrobsdorff'sche Buchhandlung".

Die Betrogene

Schloss Benrath
Plakat zur Ausstellung "Späte Liebe in Düsseldorf"

In seiner 'Düsseldorf-Novelle' von 1953 setzt Thomas Mann mit literarischem Geschick die Stadt am Rhein treffend in Szene. Zwischen den Schauplätzen Kunstakademie, Corneliusstraße und Schloss Benrath (in der Novelle "Schloß Holterhof") erzählt Thomas Mann vom Schicksal einer in die Jahre gekommenen lebensfrohen Witwe, Rosalie von Tümmler mit Namen, die sich ein letztes Mal verliebt - in den deutlich jüngeren Amerikaner Ken Keaton, der als Privatlehrer ihren Sohn unterrichtet.

Mittels charakteristischer Wegbeschreibungen und genauer Milieuschilderungen kann der Leser das Düsseldorf der 1920er Jahre durch Thomas Manns Augen betrachten. Die Gartenstadt spiegelt dabei die seelischen Vorgänge der naiven Naturfreundin Rosalie wider: die bei einem Ausflug nach Schloß Holterhof sehnsüchtig erwarteten rotschnäbligen Trauerschwäne, Symbol für Eros und Thanatos, verweisen auf das tragische Ende der späten Liebe. Denn die als Geschenk der Natur empfundene Verjüngung und das Aufblühen ihrer Weiblichkeit, ist Schein, Betrug: Rosalie von Tümmler stirbt an Gebärmutterhalskrebs.

Den Düsseldorf-Bezügen in Thomas Manns Die Betrogene widmete sich 2013 die Ausstellung "Späte Liebe in Düsseldorf - Thomas Manns Erzählung Die Betrogene" in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf. 

Die Schau wurde von der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Thomas Mann-Gesellschaft Düsseldorf realisiert. Die Exponate, darunter beispielsweise ein Faksimile der Urschrift der Erzählung, stammten überwiegend aus der Düsseldorfer Thomas-Mann-Sammlung.

 

Die Thomas-Mann-Sammlung "Dr. Hans-Otto Mayer"

Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Hans-Otto Mayer, Porträt v. Helga Tiemann, Sammlung HOM

Die Thomas-Mann-Sammlung in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf ist neben dem Thomas-Mann-Archiv in Zürich und dem Buddenbrookhaus in Lübeck die bedeutendste Forschungsstätte zu Thomas Mann und seiner Familie im deutschsprachigen Raum. Sie stellt eine einzigartige Spezialbibliothek und Dokumentationsstätte für die Forschung dar. Primäres Ziel der Sammlung ist es, alle Werke und Publikationen von und über Thomas Mann und seine Familie zu sammeln, nachzuweisen, zu erhalten und zur Nutzung bereitzustellen.

Begründet wurde die Sammlung von dem Düsseldorfer Buchhändler und Historiker Dr. Hans-Otto Mayer (1903-1983), der seit den 1920er Jahren zunächst Buchhandelsausgaben, dann Privat- und Pressedrucke sowie vom Autor selbst signierte illustrierte Ausgaben sammelte. Nach dem 2. Weltkrieg setzte Mayer sein Werk intensiviert fort, sammelte nun auch Sekundärliteratur und schaffte die Grundlage für ein heute mehr als 30.000 Dokumente umfassendes Ausschnittarchiv.

Eine Spende des Düsseldorfer Bankiers Rudolf Groth ermöglichte es der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität Düsseldorf e. V., diese einzigartige Spezialbibliothek und Dokumentationsstätte im Jahr 1969 zu erwerben, um sie der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf zu stiften. Sie hat impulsgebend auf die Thomas Mann-Forschung gewirkt.

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