6. Studierenden- und Doktorandenforum

Am 03. und 04.11.2016 fand unser sechstes Studierenden- und Doktorandenforum in Kooperation mit dem Institut für Germanistik der Heinrich-Heine-Universität im Haus der Universität (Raum 2, 2. OG) statt. Thema des Forums: Krankheit, Leid und Schmerz im Werk Thomas Manns

"Sonderbar … manchmal kann ich nicht schlucken! Nein, da ist nichts zu lachen; ich finde es furchtbar ernst. Mir fällt ein, daß ich vielleicht nicht schlucken  kann, und dann kann ich es wirklich nicht. Der Bissen sitzt schon ganz hinten, aber dies hier, der Hals, die Muskeln … es versagt ganz einfach … Es gehorcht dem Willen nicht, wißt ihr. Ja, die Sache ist: ich wage nicht einmal, es ordentlich zu wollen." (Thomas Mann: Buddenbrooks. Verfall einer Familie. GkFA 1.1, S. 287f.)

Was Christian Buddenbrook, der sensible Neurastheniker, hier in Thomas Manns Romanerstling beschreibt, ist symptomatisch für die Figuren im Mann’schen Werk: Sie sind krank, leiden und sterben mitunter viel zu früh. Aber nicht nur das: Als perfekte – teils hypochondrische – Selbstbeobachter inszenieren sie sich auch in ihrem Leid, indem sie immer wieder ihre Krankheit, ihre Abweichung von der Norm, zur Sprache bringen. Dabei spiegeln die Figuren nicht nur die minutiöse (Selbst)Beobachtung ihres Erfinders, sondern auch medizinische Diskurse ihrer Zeit. Die germanistische Forschung hat denn auch mit Sorgfalt das medizinische Wissen der Werke unter die Lupe genommen und die Verknüpfung von Kunst und „Körper, Gesundheit/Krankheit“ als „stärkste Denkfigur des Mann’schen Gesamtwerkes“ (Schonlau, 2015) diagnostiziert. Kaum ein Werk Thomas Manns kommt ohne kranke, versehrte Menschen aus: Vom Frühwerk (etwa Der kleine Herr Friedemann (1897),Buddenbrooks (1901)) über den 'Sanatoriumsroman' Der Zauberberg (1924), bis hin zumDoktor Faustus (1947), der die Syphiliserkrankung des Protagonisten Adrian Leverkühn mit dessen musikalischer Genialität verknüpft – immer wieder stehen Krankheit und Leid im Zentrum der Handlung. Dabei scheut Mann es nicht, mitunter kontroverse, zeithistorisch äußerst pikante Themen aufzugreifen, wie die für eine Monatsblutung gehaltenen Auswirkungen eines vorangeschrittenen Gebärmutterkrebses in der späten Novelle Die Betrogene (1953). Das diesjährige Studierenden- und Doktorandenforum der Thomas Mann-Gesellschaft Düsseldorf will der Frage nach Krankheit, Leid und Schmerz im Werk Thomas Manns nachgehen. 

Die Tagung wird gefördert durch die Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V.

PROGRAMM:

Donnerstag, 03.11.2016 (Haus der Universität, Schadowplatz 14, 40212 Düsseldorf)

14.00 Uhr   
Eröffnung/Begrüßung: Miriam Albracht
Grußwort: Univ.-Prof. Dr. Ulrich Rosar (Dekan der Philosophischen Fakultät, HHU)
Grußwort: Univ.-Prof. Dr. Volker C. Dörr (Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, HHU)
Thematische Einführung: Frank Weiher

14.30 Uhr
Michael Navratil (Potsdam): "so gesund". Das Andere der Krankheit im Werk Thomas Manns.

14.50 Uhr
Aglaia Kister (Tübingen): Der Dichter als krankes Genie? Zur Dekonstruktion eines alten Topos in Thomas Manns Erzählung Schwere Stunde

15.10 Uhr
Diskussionsrunde (Moderation: Miriam Albracht)

15.30 Uhr        Kaffeepause

16.00 Uhr
Hendrik Cramer (Düsseldorf): Krankheit und künstlerische Produktion in Thomas Manns 'Der Wille zum Glück'.

16.20 Uhr
Julius I-Tsun Wan (Bochum): Paolo, "dieser hoffnungslos kranke Mensch", und sein "Wille zum Glück"

16.40 Uhr
Diskussionsrunde (Moderation: Peter Klingel und Melanie Keutken) 

18.30 Uhr
gemeinsames Abendessen

Freitag, 04.11.2016 (Haus der Universität) 

10.00 Uhr       
Eröffnung: Sebastian Zilles

10.10 Uhr
Magdalena Siebert (München): (Zeit-)Krankheit erzählen im 'Zauberberg'

10.30 Uhr
Agatha Frischmuth (Berlin): Tätig krank, untätig gesund? Die unklaren Pathologismen der Zauberberg’schen Handlungstheorie.

10:50 Uhr
Juliane Schopf (Wien): Krankheit kann heilsam sein. Medizin, Therapiemethoden und Bedeutung der Krankheit im 'Zauberberg'

11.10 Uhr
Diskussionsrunde (Moderation: Frank Weiher)

11.30 Uhr
Kaffeepause

11.50 Uhr
Sarah Goeth (Hamburg): Leid, Leiden, Leidenschaft. Zu einem Motivkomplex in Thomas Manns Novelle 'Der Tod in Venedig'.

12.10 Uhr
Michael Fassel (Siegen): Die Psychisierung des Krebses – Krankheit und Gesundheit, Alter und Jugend in Thomas Manns 'Die Betrogene'

12.30 Uhr
Diskussionsrunde/Abschluss der Tagung (Moderation: Heike Spies und Sebastian Zilles)

13.00 Uhr
gemeinsames Mittagessen

 

 

Forum 2016: Krankheit, Leid und Schmerz im Werk Thomas Manns

Programm Forum (pdf)